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Bürger­rechtler bei NPD uneins

02. Mai 2005

Frankfurter Rundschau vom 02.05.2005

Wissenschaftler streiten über Verbot der rechtsextremen Partei

Frankfurt a. M. 1. Mai
Die NPD sei zwar „ein öffentliches Ärgernis“ , sagte der Hamburger Jurist Horst Meier bei der Diskussion auf Einladung der Humanistischen Union. Aber das müsse „eine Demokratie hinnehmen“. Eine Gefahr sei die „Nationalistensekte“ nicht. Sie habe „ihre beste Zeit hinter sich“. In den 60er Jahren hatte sie Wahlergebnisse bis zu 9,8 Prozent erzielt. „Die NPD ist gefährlich für die, die bedroht werden“ , erwiderte Professor Hajo Funke von der Freien Universität Berlin. Für Ausländer, Punks, Linke, fremd Aussehende. Diese Bedrohung sei in Frankfurt am Main oder Hamburg weniger erkennbar als im deutschen Osten. Seit Udo Voigt 1996 den NPD-Vorsitz übernahm, habe sich nicht nur die Mitgliederzahl auf mehr als 6500 verdoppelt, sondern der Charakter der Partei gewandelt. „Der Altherrenverein wurde umgeformt in eine neonazistische Gewaltorganisation.“ Funke sprach vom „Doppelgesicht“ der NPD, die mit dem Arzt oder Fahrlehrer auf ihren (sächsischen) Wahllisten den „Eindruck einer Biedermannpartei“ zu erwecken suche und zugleich die „Brandstifter“ integriere. Mit Verbotsansinnen, wandte Meier ein, werde der NPD „zu viel Ehre“ angetan. Deren Viertes-Reich-Fantasien dürften nicht „für bare Münze“ genommen werden. „Sie leugnen Tatbestände“, hielt Funke entgegen. Der Politikwissenschaftler sprach von der „Kultur der Verzweiflung“ , die unter Jugendlichen im Osten herrsche, ohne Chance auf Ausbildung und Arbeit, und der „Angebotsstruktur der Faschos“ , die der aufgestauten Aggression eine Bahn aufzeige. Seinen Zwiespalt offenbarte ein Frankfurter aus dem Publikum, der in Thüringen Polizisten ausbildet. Denen sei nicht immer einsichtig, dass man „dunkelhäutige Menschen nicht durch Eisenach jagen“ dürfe. „Man kommt aus Thüringen und denkt: Alles Rechte. Schaut sich um in Frankfurt, sieht andere Probleme und denkt: Überschätze ich die rechte Gefahr nicht?“

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